Zur Startseite ...
Malvenblüten - Malvae sylvestrae flos [Ph. Eur. 7.0 (01/2011:1541]

Stammpflanze: Malva sylvestris L. / Wilde Malve [Fam. Malvaceae / Malvengewächse]. Synonyme: Malva ambigua GUSS., Malva elata SALISB., Malva erecta C. PRESL; Malva glabra DESR., Malva mauritiana L., Malva obtusa MOENCH, Malva ruderalis SALISB., Malva sylvestris var. incanescens GRISEB., Malva vulgaris S. F. GRAY. Dt. Synonyme: Eine Vielzahl der deutschsprachigen Synonyme leiten sich ab von dem früher sehr verbreiteten Namen "Pappel". Hierzu zählen u. a. Hanfpappel, Hasenpappel, Käsepappel, Pappel, Pappelkäs, Pappelrose, Pöperlich, Rosenpappel, Rosspappel, Waldpappel und Weberpappel. Eine weitere Reihe von Namen bezieht sich auf die Form der Früchte. Beispiele dafür sind Hasenbrot, Hasenkeese, Himmelsbrot, Holländer Käs, Käsekraut, Käsli, Keeske, Krallen, Möppekees und Semmeln. Weitere deutschsprachige Synonyme sind u. a. Gänselatschen, Halsblume, Schwellkraut und Stoppelkraut.  Englisch: cheeses, Common mallow, high mallow, tall mallow.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Vom Sommer bis in den Herbst blühendes zweijähriges oder ausdauerndes, 0,3 bis 1,2 m hohes Kraut. Der nieder liegende bis bogig aufsteigende, gelegentlich auch aufrechte Stengel ist ästig verzweigt und am Grund leicht verholzt. Die Blätter sind 3- bis 7-teilig gelappt, bis 12 cm lang und bis 15 cm breit, am Grunde eingebuchtet, auf der Oberseite schwach und auf der Unterseite stärker behaart. Etwa 2 bis 6 Blüten stehen auf 1 bis 2,5 cm langen Blütenstielen, die den Blattachseln entspringen. Die einzelnen Blüten werden von einem dreiblättrigen Außenkelch umgeben. Die Außenkelchblätter sind länglich-eiförmig, 4 bis 8 mm lang und 3- bis 6mal so lang wie breit. Kelchblätter fünf, bis 6 mm lang, bis etwa zur Mitte miteinander verwachsen. Kronblätter fünf, rosaviolett, purpurn bis weiß gefärbt, mit jeweils 3 kräftigen, dunklen Längsstreifen, Länge 2 bis 3 cm lang und damit 3- bis 4mal so lang wie der Kelch, vorne tief ausgerandet. Staubblätter zahlreich, Staubfäden zu einer 10 bis 12 mm langen Röhre verwachsen. Fruchtknoten oberständig, aus 9 bis 11 Fruchtblättern gebildet. Fruchtstiele schräg abstehend, Früchte nahezu scheibenförmig (an einen Schweizer Käse erinnernd; -> s. deutsche Synonyme), 7 bis 9 mm breit und etwa 2 mm dick, recht schnell in die kahlen oder auf dem Rücken behaarten Teilfrüchte zerfallend. Die vom DAB als Stammpflanze separat ausgewiesene ssp. mauritiana besitzt einen mehr oder weniger aufrechten, schwach behaarten Stengel, fast kahle Blätter, nur auf der Oberseite flaumig behaart Blattstiele und eine intensiv rotviolett gefärbte Blüte.

Verbreitung: Heimisch im Mittelmeergebiet, in Vorder- und Westasien sowie in ganz Europa. Infolge Verschleppung durch den Menschen heute jedoch weltweit in den subtropischen und gemäßigten Zonen der Nord- und Südhalbkugel der Erde anzutreffen. In Deutschland bevorzugt auf trockenen, meist kalkhaltigen, stickstoffreichen Böden in warmen Lagen und allgemein weit verbreitet an Wegrändern, auf Schutt, an Mauern und Zäunen.

Droge: Die getrockneten ganzen oder geschnittenen Blüten von Malva sylvestris L. oder kultivierter Varietäten dieser Art.

Beschreibung der Droge: Der Außenkelch besteht aus 3 länglich lanzettlichen, grünlich bis bräunlich grünen, am Grund gelegentlich bräunlichen Hochblättern, die innen mehr oder weniger kahl, am Rand borstig und außen stark behaart sind. Der fünfspaltige Kelch hat bis 1,5 cm lange, am Rand borstig behaarte, abgerundete dreieckige Zipfel. Kronblätter 5, herzförmig bis umgekehrt eiförmig, an der Spitze mehr oder weniger ausgebuchtet und am Grund keilförmig, bei von M. sylvestris stammender Droge bis 2,5 cm lang, weißlich, nach oben violett auslaufend und am Grund weißlich behaart, bei von M. sylvestris ssp. mauritiana stammender Droge bis 3 cm lang und violett. Staubblätter zahlreich, zu einer behaarten Röhre verwachsen. Teilweise vorhanden sind Griffel mit 10 violetten, fadenförmigen Narben und ein oberständiger, scheibenförmiger, zehnfächriger Fruchtknoten. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch grüne, violette oder weißliche Blütenteile.

Geruch und Geschmack: Geruchlos, Geschmack schleimig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Blaue Pappelblumen, Käsepappelblüten, Rossmalvenblüten, Rosspappelblüten, Waldmalvenblüten, Wilde Malvenblüten. Englisch: Mallow flowers. Lateinisch: Flores Malvae, Flos Malvae, Malvae flores.

Herkunft: Überwiegend aus der Wildsammlung, geringe Mengen auch aus dem Anbau von Malva sylvestris ssp. mauritiana. Hauptlieferländer sind Ungarn, Tschechien und die Balkanländer.

Gewinnung der Droge: Die Sammlung erfolgt insbesondere zur Zeit der Frühblüte Ende Juni bis Anfang Juli sowie zur Zeit der Spätblüte im Oktober. Zum Trocknen wird das Erntegut in dünner Schicht an schattigen, gut belüfteten Plätzen ausgebreitet.

Inhaltsstoffe: Polysaccharide: Gehalt im Durchschnitt zwischen 6 und 7 %. Höchster Gehalt in den Kronblättern. Aus chemischer Sicht handelt es sich um ein Gemisch verschiedener neutraler und saurer Polysaccharide mit einem mittleren Molekulargewicht von 83000 Dalton. Nach Hydrolyse wurden Galactose, Glucose, Arabinose, Xylose, Rhamnose und Galacturonsäure als Monosaccharidbausteine erhalten, wobei der Galacturonsäuregehalt bei ca. 24% liegt. Anthocyane: Gehalt 6 bis 7 %. Hauptkomponenten sind Malvin (= Malvidin-3,5-diglucosid; evtl. ein Abbauprodukt von 6''-Malonylmalvin), 6''-Malonylmalvin (= Malvidin-3-(6'-malonylglucosid)-5-glucosid), Malvidin-3-glucosid und Delphinidin-3-glucosid. Weitere Bestandteile: Spuren an Cumarinen und Gerbstoffen.

Wirkungen: Reizlindernd.

Anwendungsgebiete: Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundener trockener Reizhusten.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Auch in der Volksheilkunde insbesondere zur Behandlung von Bronchialkatarrhen verwendet, darüber hinaus auch bei Gastroenteritis, Blasenleiden sowie äußerlich zur Wundbehandlung. Ein Nachweis der Wirksamkeit wurde bisher nicht erbracht.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Soweit nicht anders verordnet beträgt die Tagesdosis 5 g Droge. Zur Teebereitung werden 1,5 bis 2 g fein geschnittener Droge (1 Teelöffel entspricht ca. 0,5 g) mit kaltem Wasser angesetzt, kurz aufgekocht und nach 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Anstelle des Aufkochens von kaltem Wasser kann auch direkt mit kochendem Wasser übergossen werden.

Sonstige Verwendung: Pharmazeutisch infolge der durch die Anthocyane bedingten Färbung gelegentlich als Schmuckdroge in verschiedenen Teemischungen verwendet. Früher wurden Malvenblüten ferner als Färbemittel in der Lebensmittelindustrie verwendet.


Bilder:

Aufgrund ihrer stattlichen Größe, des recht langen Blütezeitraums und der meist zahlreich vorhandenen Blüten bildet die Wilde Malve ein meist auffälliges Element in der Landschaft (s. Abbildung links oben). Bei der Abbildung rechts oben ist der als typisch geltende bogig aufsteigende Stengel deutlich zu erkennen, jedoch kann dieser durchaus auch aufrecht sein (s. links oben). Die Art ist im wesentlichen durch familientypische Merkmale gekennzeichnet: gelappte Blätter, Blüten in cymösen Infloreszenzen (s. Abbildung Mitte links), Außenkelch vorhanden, Staubfäden zu einer langen Röhre miteinander verwachsen (s. Abbildung Mitte rechts).

Die Droge ist insgesamt durch die mehr oder weniger tiefe Violettfärbung der Kronblätter charakerisiert, für die die Anthocyane verantwortlich sind (s. Abbildung links unten). Zu den besonders charakteristischen Merkmalen zählen der aus 3 lanzettlichen Blättern bestehende Außenkelch (s. Abbildung rechts unten) sowie zu einer behaarten Röhre verwachsenen Staubblätter.

 

Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2000; Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 43 vom 02.03.1989; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke