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Augentrostkraut - Euphrasiae herba [DAC 2003]

Stammpflanzen: Euphrasia rostkoviana HAYNE / Gewöhnlicher Augentrost und Euphrasia stricta D. WOLFF ex J. F. LEHM. / Steifer Augentrost sowie weitere Arten der Gattung Euphrasia. [ehemals Fam. Scrophulariaceae / Braunwurzgewächse, heute wie alle Halbschmarotzer der ursprünglichen Scrophulariaceae den Orobanchaceae / Sommerwurzgewächse zugeordnet]. Synonyme:  E. rostkoviana: E. campestris JORD., E. montana JORD., E. officinalis L., E. pratensis FR.; E. stricta: E. tatarica auct. p. p.. Dt. Synonyme: Eine Unterscheidung der beiden offizinellen Augentrost-Arten ist für den Laien nur sehr schwer möglich. Demzufolge verwundert es auch nicht, dass sich praktisch sämtliche deutschsprachigen Synonyme auf den Gewöhnlichen Augentrost beziehen. Verbreitete Namen sind Gemeiner Augentrost, Wiesen-Augentrost, weitere Bezeichnungen Allerbest, Augenklar, Augenkraut, Beschreikraut, Böhmischer Klee, Christinchen, Donnerkräutchen, Gewitterblume, Karlsdistel, Magentrost, Milchdieb, Weißes Ruhrkraut, Wiesengrind, Zahnwehkraut und Zwangkraut.  Englisch: eyebright.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Von Mai bis Oktober blühende, einjährige Kräuter. Halbschmarotzer, die Wurzeln ihrer Wirtspflanzen besiedeln. Pflanzen sehr formenreich, allgemein jedoch recht klein, Höhe von E. rostkoviana 1 bis 45 cm, von E. stricta 5 bis 30 cm. Hauptwurzeln dünn und meistens leicht gekrümmt. Stengel fast rund und aufrecht, mit zurückgebogenen Härchen besetzt, vom Grund bis zu den Blüten beblättert, dabei nahezu fließender Übergang von den Laubblättern zu den Deckblättern (untere Deckblätter bilden oft eine Zwischenform zwischen den Laubblättern und den voll ausgebildeten Deckblättern). Laubblätter 3 bis 17 mm lang, sitzend, scharf gesägt. Blütenstand vielblütig, mit meist abgespreizten oder aufgerichteten (E. stricta) Deckblättern. Blüten fast sitzend. Kelch kahl oder behaart, schwach dorsiventral, zur Fruchtzeit nicht vergrößert. Kronblätter weiß, 2-lippig, auf der Unterlippe mit gelbem Fleck und violetter Aderung. Staubblätter mit dünnem, glattem, seitlich zur Blumenkrone hin gebogenem Filament. Fruchtknoten verkehrt-eiförmig, in der oberen Hälfte behaart. Kapsel ca. 5 mm lang, behaart und bewimpert, mit zahlreichen Samen. E. rostkoviana und E. stricta unterscheiden sich vor allem durch die Größe der Blüten (bei E. rostkoviana 7 bis 13 mm lang, bei E. stricta 5 bis 10 mm) und die Behaarung (E. rostkoviana dicht drüsenhaarig, E. stricta kahl bis dicht kurzborstig).

Verbreitung: E. rostkoviana: Heimisch fast in ganz Europa (nicht auf der Iberischen Halbinsel und Island). Anzutreffen auf Xerothermrasen, frischen Wiesen, Weiden und Magerrasen. Manchmal auch auf Moorwiesen. E. stricta: Ebenfalls fast in ganz Europa heimisch (nicht in Großbritannien, Irland, Island und Schweden). Besiedelt bevorzugt Halbtrockenrasen, ferner auch frische bis mäßig trockene Magerrasen sowie Ruderalstellen.

Droge: Die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile verschiedener Arten der Gattung Euphrasia, besonders der Gruppen Euphrasia stricta D. WOLFF ex J. F. LEHM. und Euphrasia rostkoviana HAYNE, deren Bastarde oder Mischungen davon.

Beschreibung der Droge: Stengel dünn, meist verästelt und braun- bis blauviolett gefärbt, fast rund und weich behaart. Blätter steif, sitzend und den Stengel fast vollständig umfassend, 8 bis 12 mm lang, völlig kahl oder in unterschiedlichem Ausmaß fein behaart, im Umriss rundlich oval. Blattrand scharf gesägt oder gezähnt, die vorderen Zähne mit Grannen. Blütenstände vielblütig, den Blattachseln entspringend. Blüten mit röhrenförmigem, spitz vierzähnigem Kelch und 6 bis 15 mm langer, weißer bis bräunlich weißer oder blassblauer bis blass violetter Krone, die purpurrot gestreift und am Schlund gelb gefleckt ist. Staubblätter 4, Staubfäden lang, glatt, nach außen gebogen, Staubbeutel miteinander verklebt. Griffel aus der Kronröhre herausragend, dünn, gekrümmt, im mittleren Teil behaart, Narbe klein, kopfförmig und ockerfarben. Fruchtkapseln mit 2 Fächern, die zahlreiche braune, eiförmige Samen enthalten. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch die kleinen, wellig-runzeligen, spröden, eiförmigen Blätter, die an ihrem Rand 7 bis 10 lange, spitze Zähne aufweisen. Häufig sitzen mehrere Blätter in dichten Knäueln zusammen. Blüten einzeln vorliegend, Stengelteile dünn, rund, blauviolett und meist leicht behaart. Vereinzelt treten auch die bis 5 mm langen, hellbraunen Fruchtkapseln auf.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach und uncharakteristisch, Geschmack schwach bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Echter Augentrost, Gemeiner Augentrost, Wiesenaugentrost. Englisch: Euphrasy herb, eyebright herb. Lateinisch: Herba Euphrasiae.

Herkunft: Ausschließlich aus der Sammlung von Wildvorkommen. Importe überwiegend aus südosteuropäischen Ländern.

Gewinnung der Droge: Die Ernte der oberirdischen Pflanzenteile erfolgt zu Beginn der Blüte, die Trocknung an einem schattigen, luftigen Ort.

Inhaltsstoffe: Das Inhaltsstoffspektrum weist je nach verwendeter Stammpflanze leichte Schwankungen auf. Vorhandene Stoffgruppen sind Iridoide, Phenolcarbonsäuren, Flavonoide, Lignane und Phenylethanoide. Iridoidglykoside: Gehalt ca. 1 %, wichtigste Komponenten sind Aucubin, Catalpol, Euphrosid, Eurostosid, Geniposid und 7,8-Dihydrogeniposid (= Adoxosid). Phenolcarbonsäuren: u. a. Kaffeesäure und Ferulasäure. Flavonoide: überwiegend Glykoside von Apigenin und Quercetin. Lignane: Dehydrodiconiferyl-4-ß-D-glucosid. Phenylethanoide: Leucosceptrosid A.

Wirkungen: Pharmakologische Wirkungen wurden für die Droge bisher nicht nachgewiesen. Einzelne Inhaltsstoffe von Augentrostkraut sind auch in anderen Drogen enthalten und wurden daher separat untersucht. Aufgrund der recht unterschiedlichen Konzentrationen, in denen Verbindungen wie Aucubin und Catalpol in den Euphrasia-Arten vorhanden sind, lassen sich keine stichhaltigen Rückschlüsse auf eine mögliche Wirkung von Augentrostkraut ziehen.

Anwendungsgebiete: Aufgrund der fehlenden Wirkungsnachweise wird die Droge ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Entsprechend des deutschen Namens der Pflanze werden Zubereitungen aus Augentrost oder Augentrostkraut überwiegend äußerlich bei Augenkrankheiten, die mit Gefäßerkrankungen und Entzündungen verbunden sind, Entzündungen der Augenlider und der Augenbindehaut, als Vorbeugemittel gegen Augenschleimfluss, Augenkatarrh sowie bei verklebten und entzündeten Augen verwendet. Weitere volkstümliche Anwendungsgebiete sind Husten, Schnupfen, trockene Nasenschleimhäute, Hauterkrankungen und Magenerkrankungen. Die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten ist nicht belegt, so dass die therapeutische Anwendung nicht befürwortet werden kann.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur Herstellung einer Abkochung zum Zwecke von Augenspülungen werden 2 bis 3 g der fein geschnittenen Droge (1 Teelöffel entspricht ca. 1,7 g) mit einer Tasse (etwa 150 ml) kochendem Wasser übergossen oder mit kaltem Wasser angesetzt und kurz aufgekocht. Nach 10 bis 15 Minuten ist die Zubereitung durch ein feines Teesieb zu geben. Die Anwendung für Augenspülungen erfolgt 3- bis 4-mal täglich.

Sonstige Verwendung: Augentrostkraut zählt zu den in Homöopathie und anthroposophischer Medizin recht häufig genutzten Drogen. Im Mittelpunkt steht ebenfalls die Anwendung am Auge. Zu den wichtigsten Indikationen zählen Schleimhautentzündungen am Auge, die mit vermehrter Tränenabsonderung einhergehen, insbesondere allergisch bedingte Lidödeme und Gerstenkörner.


Bilder:

Die kleinen, von Mai bis Oktober blühenden Pflanzen sind sehr formenreich, wodurch eine sichere Identifizierung der Arten erschwert wird. Von Arten anderer Gattungen sind sie jedoch anhand der gegenständig angeordneten, sitzenden, vorne scharf gesägten Blätter (s. Abbildung links) und vor allem anhand der Blüten mit dem charakteristischen gelben Fleck auf der Unterlippe (s. Abbildung rechts) problemlos zu unterscheiden.


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2003; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 162 vom 29.08.1992 ("Negativ-Monographie"); USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke