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Lungenkraut - Pulmonariae herba [DAB 1999]

Stammpflanze: Pulmonaria officinalis L. / Echtes Lungenkraut [Fam. Boraginaceae / Rauhblattgewächse]. Synonyme: Pulmonaria maculosa HAYNE, P. officinalis L. subsp. maculosa GAMS. Dt. Synonyme: Zu den zahlreichen deutschen, oft regionalen und heute weniger gebräuchlichen Bezeichnungen zählen u. a. Bayern und Franzosen, Bettelmann, Blaue Schlüsselblume, Blaues Himmelschlüsselchen, Blitz-und-Donner, Fleckenkraut, Fleischblume, Franzosen, Gewitterblume, Hirschmangolt, Hundszungen, Käiser und König, Kuckucksblume, Kunterbunt, Osterblume, Pluderhose, Pumphose, Rote und blaue Schlüsselblume, Schlotterhose, Schuster und Schneider, Unser Frauen Milchkraut, Vater- und Mutterblümchen, Waldstinker und Wolfsblume. Englisch: bloody-butcher, boys-and-girls, hundreds-and-thousands, Jerusalem cowslip, Jerusalem-sage, Joseph-and-Mary, lungwort, Mary-spilt-the-milk, soldiers-and sailors, spotted-dog.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Im März und April blühende, 10 bis 30 cm hohe, ausdauernde Pflanze. Die grundständigen Rosettenblätter und die Stengelblätter sind borstig behaart und oft hell gefleckt. Zur Blütezeit sind nur die bis 6 cm langen und 1 bis 2 cm breiten Stengelblätter vorhanden. Die unteren sind in einen kurzen, geflügelten Stiel verschmälert, die oberen sitzend. Die Rosettenblätter entwickeln sich erst nach der Blüte. Sie besitzen einen 5 bis 10 cm langen, scharf abgesetzten Stiel. Die Blattspreite ist herzförmig, bis 5 cm breit und bis 12 cm lang. Blüten in relativ reichblütigen, nur am Grund mit Hochblättern versehenen Doppelwickeln angeordnet. Blütenstiele kurz, ziemlich dicht drüsig behaart, zur Fruchtzeit 4 bis 6 mm lang. Kelch röhrig-glockig, zur Blütezeit 6 bis 8 mm, zur Fruchtzeit 9 bis 12 mm lang, zuletzt etwas aufgeblasen, Kelchzähne etwa 1/5 bis1/3 so lang wie die Kelchröhre. Krone 13 bis 18 mm lang, anfangs hellrot, später blauviolett. Griffel ungleich lang. Teilfrüchte 3,5 bis 4 mm lang, anfangs kurz behaart, zur Reife kahl.

Verbreitung: Heimisch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. In Skandinavien nur in Dänemark und Südschweden, in England und auf der Iberischen Halbinsel fehlend. In Deutschland besonders auf kalkhaltigen Böden an schattigen Standorten (Laubwälder, Gebüsche) anzutreffen.

Droge: Das ganze oder geschnittene, getrocknete Kraut.

Beschreibung der Droge: Der Hauptteil der Droge besteht aus den lang gestielten, grundständigen, ganzrandigen oder fein gezähnten Rosettenblättern, deren Spreite bis 120 cm lang und bis 70 mm breit, eiförmig bis lanzettlich, am Grund abgerundet und insgesamt schwach herzförmig ist. Die ganzrandigen Stengelblätter sind deutlich kleiner, sitzend oder am Stengel herablaufend, spatelförmig oder länglich bis eiförmig. Alle Blätter sind borstig behaart und oft hell gefleckt. Die Oberseite der Blätter ist dunkelgrün, die Unterseite hell graugrün und durch den deutlich hervortretenden Hauptnerv gekennzeichnet. Die Stengel sind braungrün oder braun, kantig, borstig oder weich behaart, 10 bis 15 cm, seltener bis 20 cm lang und oben meist in zwei Seitentriebe verzweigt. Die kurz gestielten Blüten befinden sich in teilweise dichten und daher Trugdolden vortäuschenden Wickeln. Die Krone ist hellrot bis blauviolett, der Kelch braun, borstig behaart, röhrig-glockig und 5zipfelig. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch annähernd quadratische, borstig behaarte, teilweise gefleckte Bruchstücke, die entweder einzeln oder mehrschichtig übereinander liegend und knäuelig eingerollt vorkommen. Weiterhin finden sich Stengelteile mit schwarzbraunen, geschrumpften Stielbasen sowie ganze oder geteilte, braune, borstig behaarte Blüchenkelche.

Geruch und Geschmack: Uncharakteristischer, etwas heuartiger schwacher Geruch und etwas schleimiger Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Arzneilungenkraut, Boxkraut, Fleckenkraut, Frauenmilchkraut, Luchslungenkraut, Lungenkraut, Lungen- und Schwindsuchttee. Englisch: Lungwort leaves, Shop lungwort. Lateinisch: Herba pulmonariae.

Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen. Importe aus Süd- und Südosteuropa, insbesondere dem ehemaligen Jugoslawien und Bulgarien.

Gewinnung der Droge: Nach dem Sammeln erfolgt die Trocknung an der Luft.

Inhaltsstoffe: Schleimstoffe: Gehalt 1 bis 4 %. Überwiegend Polygalacturonane, Arabinogalactane und Rhamnogalacturonane. Flavonoide: Gehalt 0,3 bis 0, 6%, insbesondere Glykoside des Kämpferols und Quercetins. Gerbstoffe: Gehalt bis 6%. Sowohl Catechingerbstoffe als auch Gallotannine. Anorganische Bestandteile: Gehalt 13 bis 15%, darunter über 2,5% lösliche Kieselsäure sowie relativ große Mengen an Eisen, Kupfer, Mangan und Phosphor. Sonstige Bestandteile: Das für die Familie typische Allantoin, geringe Mengen an Saponinen, Ascorbinsäure, Chlorogensäure und Rosmarinsäure.

Wirkungen: Bislang wurden für Lungenkraut keine pharmakologischen Wirkungen nachgewiesen.

Anwendungsgebiete: Ausschließlich Verwendung in der Volksheilkunde.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich bei Erkrankungen und Beschwerden der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes, der Niere und der ableitenden Harnwege sowie äußerlich als Wundheilmittel. Ein Nachweis einer Wirksamkeit fehlt. Infolge des Gehalts an im Allgemeinen reizlindernd wirkenden Schleimstoffen erscheint die Anwendung bei Atemwegserkrankungen jedoch plausibel. Gleiches gilt aufgrund des Gehalts an Gerbstoffen für die Verwendung zur Wundbehandlung. Die in der Vergangenheit übliche Anwendung bei Lungenkrankheiten wie z. B. Tuberkulose ist heute auch in der Volksheilkunde nicht mehr gebräuchlich.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur Teezubereitung werden 1,5 g (etwa zwei Teelöffel) der fein geschnittenen Droge mit 250 ml kaltem Wasser angesetzt und kurz aufgekocht oder mit kochendem Wasser übergossen und nach 5 bis 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Mehrmals täglich eine Tasse Tee schluckweise trinken.

Sonstige Verwendung: Die frischen, jungen Blätter dienen als Frühjahrsgemüse zur Herstellung von Salaten.


Bilder:

Das Lungenkraut ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die bevorzugt auf kalkhaltigen Böden an schattigen Standorten anzutreffen ist (s. Abbildung links oben). Besonders auffällig sind die hell gefleckten Blätter (s. Abbildung links unten), weshalb die Pflanze auch "Fleckenkraut" und "Unser Frauen Milchkraut" genannt wird. Ein weiteres typisches Merkmal vom Lungenkraut besteht darin, dass der Blütenstand sowohl blaue als auch rote Blüten enthält (s. Abbildung rechts). Auf diese Tatsache beziehen sich Pflanzennamen wie "Bayern und Franzosen", "Blitz-und-Donner", "Kaiser und König", "Schuster und Schneider" oder "Vater- und Mutterblümchen".

 


Literatur: Deutsches Arzneibuch (DAB) 1999; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Teuscher E, Melzig MF, Lindequist U, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002


© Thomas Schöpke